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Wann ist ein Foto mit dem Handy gut?

    Mit Mobiltelefonen aufgenommene Digitalbilder sind die häufigste Form von Bildern, die heute erstellt werden. Bisher gab es jedoch keine systematische Zusammenstellung der verschiedenen Faktoren, die die Bewertung solcher Bilder bestimmen, und somit auch keine Erklärung dafür, wie Nutzer relativ bessere oder schlechtere Fotos auswählen und identifizieren.

    Leder et al. (2022) haben nun eine theoretische Taxonomie jener Faktoren entwickelt, die die ästhetische Anziehungskraft von Handy-Fotos beeinflussen, wobei sie neben den relativ grundlegenden oder universellen Bildmerkmalen, die eher mit der schnellen (Bottom-up) Wahrnehmungsverarbeitung eines Bildes zusammenhängen, auch Faktoren berücksichtigen, die an der langsameren (Top-down) Neubewertung oder tiefer gehenden ästhetischen Würdigung eines Bildes beteiligt sind.

    Diese Taxonomie erstreckt sich dabei auf bestimmte Arten von Bildern, die häufig aufgenommen werden, z. B. Porträts von anderen Personen, Selfies, Szenen und Lebensmittel, und berücksichtigt gleichzeitig die unterschiedlichen Ziele, Verwendungszwecke und kontextuellen Aspekte der Nutzer von Handyfotos.

    Wenn es um Handyfotos geht, werden oft zwei Hauptentscheidungen getroffen: Die Nutzer bewerten Bilder auf den ersten Blick, indem sie durch einen Stapel von Bildern wischen und sich dabei auf visuelle Aspekte konzentrieren, die für die Einstufung von „niedriger Qualität“ (zu dunkel, unscharf) über „akzeptabel“ bis hin zu, in seltenen Fällen, „ein außergewöhnlich schönes Bild“ entscheidend sein können. So wird innerhalb eines Sekundenbruchteils ein erster Eindruck gewonnen und grundlegende Merkmale werden erfasst, meist anhand der Farben, der Kontraste und der Beleuchtung, ein Foto wird also als ästhetisch oder unästhetisch bewertet, wobei dies besonders leicht ist, wenn sie stark verwackelt, unscharf oder deutlich über- oder unterbelichtet sind.

    Der nächste Schritt, der etwa in der ersten halben Sekunde stattfindet, betrifft die Bildkomposition, d.h. Symmetrien, Komplexität und Bildausschnitt, so dass die Nutzer auch bewusster Entscheidungen über ihr Lieblingsbild oder den Wunsch, ein Bild zu behalten oder zu teilen, treffen, was vermutlich mit Aspekten wie Inhalt, Bildkomposition, aber auch Kultur oder Persönlichkeit zusammenhängt, die in der empirischen Forschung zur Wahrnehmung von Fotografien bisher weitgehend unberücksichtigt geblieben sind. So werden dabei Erinnerungen geweckt, z.B. an die Situation und das Ereignis, das dokumentiert wurde, sowie an die abgebildeten Menschen und deren Bedeutung. In diesem Zusammenhang prüft das Gehirn auch, inwieweit das Bild mit allgemeinen Vorstellungen, Erwartungen und dem tatsächlichen Verlauf der Situation übereinstimmt.

    Literatur

    Leder, Helmut, Hakala, Jussi, Peltoketo, Veli-Tapani, Valuch, Christian & Pelowski Matthew (2022). Swipes and Saves: A Taxonomy of Factors Influencing Aesthetic Assessments and Perceived Beauty of Mobile Phone Photographs. Frontiers in Psychology, 13, doi:10.3389/fpsyg.2022.786977.