Die Verbindung zwischen dem Darm-Mikrobiom und dem Zentralen Nervensystem, die „Darm-Hirn-Achse“, wird für vieles mitverantwortlich gemacht, etwa für das Gewicht eines Menschen, für Autoimmunerkrankungen, Depressionen, psychische Erkrankungen oder die Alzheimer-Krankheit. Das Immunsystem wird bekanntlich von Umweltfaktoren beeinflusst, wobei T-Zellen Informationen sammeln und diese etwa bei PatientInnen mit Multipler Sklerose in das Zentrale Nervensystem transportieren, also in dass Gehirn und Rückenmark, wo dann eine Immunreaktion ausgelöst wird. Multidimensionale Einzelzellanalysen von T-Zellen haben die Debatte darüber angestoßen, ob es eine umfassende Plastizität oder ein „gemischtes“ Priming von T-Helferzell-Untergruppen in vivo gibt. Hiltensperger et al. (2021) haben einen experimentellen Rahmen entwickelt, um die Hypothese zu untersuchen, ob der Ort des Primings im systemischen Immunkompartiment ein entscheidender Faktor für die durch T-Helferzellen induzierte Immunpathologie in entfernten Organen ist. Mit einer neuen Methode hat man nun Immunzellen von Mäusen durch photokonvertierbare Proteine markiert, wobei dann mit violettem Licht die T-Zellen so sichtbar gemacht werden können, und zwar in den Lymphknoten sowohl im Darm als auch in der Haut. So konnte man optisch nachverfolgen, wie die T-Zellen von dort ins Zentrale Nervensystem wandern. Durch ortsspezifische In-vivo-Markierung von Antigen-spezifischen T-Zellen in inguinalen (i) oder darmdrainierenden mesenterialen (m) Lymphknoten konnte man nun zeigen, dass i-T-Zellen und m-T-Zellen, die aus dem entzündeten zentralen Nervensystem (ZNS) in einem Modell der Multiplen Sklerose (MS) isoliert wurden, unterschiedlich sind. i-T-Zellen waren Cxcr6+, und m-T-Zellen exprimierten P2rx7. Vor allem infiltrierten m-T-Zellen die weiße Substanz, während i-T-Zellen auch in die graue Substanz rekrutiert wurden. Die ForscherInnen schlagen deshalb vor, dass die Definition von T-Helferzellen-Untergruppen nach dem Ort ihres Primings zu einem besseren Verständnis der Biologie der T-Helferzellen bei Gesundheit und Krankheit führen kann.
Literatur
Hiltensperger, Michael, Beltrán, Eduardo, Kant, Ravi, Tyystjärvi, Sofia, Lepennetier, Gildas, Domínguez Moreno, Helena, Bauer, Isabel J., Grassmann, Simon, Jarosch, Sebastian, Schober, Kilian, Buchholz, Veit R., Kenet, Selin, Gasperi, Christiane, Öllinger, Rupert, Rad, Roland, Muschaweckh, Andreas, Sie, Christopher, Aly, Lilian, Knier, Benjamin, Garg, Garima, Afzali, Ali M., Gerdes, Lisa Ann, Kümpfel, Tania, Franzenburg, Sören, Kawakami, Naoto, Hemmer, Bernhard, Busch, Dirk H., Misgeld, Thomas, Dornmair, Klaus & Korn, Thomas (2021). Skin and gut imprinted helper T cell subsets exhibit distinct functional phenotypes in central nervous system autoimmunity. Nature Immunology, 22, 880–892.