Musikgenuss aktiviert wie auch andere hedonische Erfahrungen mehrere belohnungsbezogene Hirnareale, wobei die Aktivität im Nucleus accumbens (NAc) am konsequentesten die subjektive Reaktion eines Hörers widerspiegelt. Es gab schon bisher Hinweise, dass diese Aktivität aus musikalischen Belohnungsvorhersagefehlern (RPEs) resultiert, die den Unterschied zwischen erwarteten und wahrgenommenen musikalischen Ereignissen signalisieren. Gold et al. (2019) erbrachten nun Beweise für diese musikalisch ausgelösten Belohnungsvorhersagefehler (RPEs) und zeigen, dass ein abstrakter Stimulus ohne offensichtlichen biologischen Wert das Belohnungssystem einfach durch Manipulation der Erwartungen aktivieren kann. Die Ergebnisse zeigen, dass musikalische Ereignisse formal modellierte RPEs auslösen können, wie sie für konkrete Belohnungen, wie z.B. Essen oder Geld, beobachtet werden, und dass diese Signale das Lernen unterstützen. Diese Erweiterung des RPE-Modells auf Musik impliziert, dass prädiktive Verarbeitung eine viel größere Rolle bei Belohnung und Vergnügen spielen könnte, als bisher angenommen wurde, und liefern neue Perspektiven auf Ästhetik sowie potenzielle therapeutische und pädagogische Anwendungen. Im vorliegenden fMRI-Experiment hatte man untersucht, ob Musik formal modellierte RPEs in der NAc auslösen kann, indem sie ein gut etabliertes Entscheidungsprotokoll angewendet haben, das für die Untersuchung von RPEs entwickelt und validiert wurde. Im Scanner wählten die Teilnehmer zwischen willkürlichen Hinweisen, die probabilistisch zu dissonanter oder konsonanter Musik führten, und lernten, Entscheidungen zu treffen, die mit der Konsonanz verbunden waren, die sie bevorzugten. Man modellierte Regressoren der trial-by-trial RPEs und fand heraus, dass die NAc-Aktivität die musikalisch ausgelösten RPEs verfolgte, und zwar in einem Ausmaß, das die Varianz der individuellen Lernraten erklären konnte. Diese Ergebnisse zeigen, dass Musik wie Belohnung wirken kann, die das Lernen antreibt und RPEs in der NAc auslöst, einem Zentrum für belohnungs- und musikgenussbezogene Aktivität. Neue Musik muss einerseits etwas Unerwartetes haben, um das Belohnungszentrum zu aktivieren, gleichzeitig aber eben auch etwas Erwartbares, indem sie sich innerhalb der Hörgewohnheiten bewegt. Diese Mischung aus dem Unerwarteten und dem Erwarteten macht offenbar ihren Effekt aus.
Literatur
Gold, Benjamin P., Mas-Herrero, Ernest, Zeighami, Yashar, Benovoy, Mitchel, Dagher, Alain & Zatorre, Robert J. (2019). Musical reward prediction errors engage the nucleus accumbens and motivate learning. Proceedings of the National Academy of Sciences, 116, 3310-3315.