Der Begriff der Identität nimmt in Wissenschaft, Politik und Gesellschaft eine bedeutende Rolle ein, eignet er sich doch in besonderer Weise, anthropologische, soziale und kulturelle Fragen zu reflektieren. Die Vorstellungen, die damit verbunden sind, erweisen sich allerdings als recht divergent und geradezu widersprüchlich: Für die einen ist Identität ein Signum für Eindeutigkeit, Stabilität und Kohärenz, gleichsam ein Versprechen für Zuverlässigkeit und Kontinuität; für die anderen stellt sie eine offene Größe dar, die sich im Spannungsfeld zwischen Sein und Schein, Einheit und Differenz, Statik und Bewegung konstituiert. Die einen binden Identität an biologische Determinanten; die anderen beschreiben sie als ein Konstrukt, das soziokulturell geformt ist und historischen Veränderungen unterliegt. Die einen sehen Identität bedroht, etwa durch das Fehlen überindividuell gültiger Orientierungen und Normen; die anderen sehen in gesellschaftlichen Umbrüchen und globalen Veränderungen die Chance, institutionell vorgeprägte und sozial konditionierte Rollenschemata aufzubrechen (Krammer, 2016).
Literatur
Krammer, S. (2016). Ich bin ich bin ich … Identitätskonzepte in den Sozial-, Kultur- und Literaturwissenschaften (S. 78-103). In Ursula Esterl & Werner Wintersteiner (Hrsg.), Orientierungen für den Deutschunterricht. Innsbruck, StudienVerlag.