Nach einer neueren Untersuchung von Tobias Effertz richten sich siebzig Prozent der untersuchten Lebensmittelwerbespots im Fernsehen durch ihre Aufmachung oder Sendeumfeld speziell an Kinder, wobei 89 Prozent aller TV-Spots für ungesunde Produkte werben. Die Zahl der von Kindern gesehenen Spots pro Tag ist zwar seit 2007 etwa gleichgeblieben, doch Kinder sehen heute dreißig Minuten weniger fern. Pro Stunde werden also fast dreißig Prozent mehr ungesunde Spots ausgestrahlt als früher. Offenbar habe die Unternehmen den Werbedruck auf Kinder bewusst erhöht, woraus sich wohl teilweise die schädlichen gesundheitlichen Folgen wie Übergewicht und Mangelernährung bei Kindern ergeben.
Auch im Internet werden Kinder vor allem über Facebook und YouTube mit Werbepostings zu ungesunden Produkten erreicht, womit sie Kinder gezielt auf Webseiten zu ungesunden Produkten locken und versuchen, sie dort durch Spiele oder Ähnliches lange zu halten, wobei auf YouTube die Werbung für Ungesundes mit Kindermarketing zu zwei Dritteln durch InfluencerInnen erfolgt. In mehr als zwei Drittel der ausgewerteten Youtube-Videos werben Influencer für ungesunde Lebensmittel etwa mit einem Video, in dem ein etwa 10-Jähriger in der Küche zu Hause ein Fastfood-Restaurant aufbaut. Ein Spiel wie früher der Kaufladen, nur dass die Fastfood-Kette mutmaßlich die komplette Ausstattung geliefert hat und das Kind damizt Werbebotschaften in seinem Clip übermittelt.
Über fünfzehn Mal am Tag werden Kinder von der Industrie dazu animiert, mehr Zucker, Salz und Fett zu essen, was viele Bemühungen um eine Erziehung zur gesunden Ernährung zunichte macht. Diese Werbeaktivitäten in den digitalen Medien nehmen rasch zu und sind besonders wirksam, zumal es Beweise dafür gibt, dass Werbung sogar stärker wirken kann als ein gutes Vorbild der Eltern. Das liegt nicht zuletzt daran, dass für Kinder die Grenzen von Alltagserleben und Werbung verschwimmen, denn sie lernen und verinnerlichen damit die durch das Marketing künstlich geschaffenen Verknüpfungen von Marken mit bisher werbefreien Handlungen.
Literatur
Werner, Susanne (2021). Kinder und Lebensmittelwerbung: „Selbstverpflichtungen bringen nichts“.
WWW: https://www.aerztezeitung.de/Kooperationen/Kinder-und-Lebensmittelwerbung-Selbstverpflichtungen-bringen-nichts-417905.html (21-09-16)