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Disziplin ist nicht nur eine Frage der Willenskraft

    Aus psychologischer Sicht gehört Disziplin zu den exekutiven Funktionen und entsteht hauptsächlich in den präfrontalen Strukturen des Gehirns, insbesondere im präfrontalen Kortex. Dieser Teil des Gehirns hat auch noch andere Aufgaben, zum Beispiel verarbeitet er Gefühle aus dem emotionalen Teil des Gehirns und entscheidet, ob er auf sie reagiert oder nicht, d.h. die Emotionsregulation findet in diesem Teil des Gehirns statt. Wenn das Gehirn also mit der Verarbeitung von Gefühlen wie Angst, Scham oder Wut beschäftigt ist, hat es keinen Platz mehr für Disziplin. Wenn Sie also einen anstrengenden Tag hatten, weil Sie sich beispielsweise um kleine Kinder kümmern mussten, sind Sie in der Regel ziemlich erschöpft, weil Sie dann nicht nur Energie für Ihre eigene Emotionsregulation aufwenden müssen, sondern auch für die der Kinder. Wenn die maximale Kapazität des exekutiven Teils des Gehirns erreicht ist, schaltet das Gehirn auf Autopilot, d. h. das Gehirn sucht eher nach kurzfristiger Befriedigung als nach langfristigen Zielen. Es ist zwar nicht unmöglich, in diesem Zustand noch genügend Disziplin aufzubringen, um sich für die Option zu entscheiden, die langfristig gut ist, aber die meisten Menschen neigen dann dazu, der Bequemlichkeit nachzugeben. In diesem Fall fehlt die Willenskraft nicht, weil Sie schwach sind, sondern weil Sie sich wahrscheinlich zu viel zugemutet haben und Ihr Gehirn nicht genug Kapazität hat, sich selbst zu motivieren. Die Lösung ist also nicht, sich noch mehr unter Druck zu setzen und sich mit aller Kraft zu überwinden, sondern einfach den Stress abzubauen.