Zum Inhalt springen

Die Sicht eines Lehrers

    Die Frustrationstoleranz vieler Kinder ist sehr gering, d. h. sie schreien, weinen oder toben sofort wegen Kleinigkeiten. Oft erschrickt man, weil man denkt, dass dem Kind etwas Schreckliches passiert sein muss, aber in Wirklichkeit hat jemand nur etwas gesagt, was dem anderen nicht gefallen hat. Kinder brauchen die Hilfe eines Erwachsenen, um kleinste Konflikte zu lösen oder mit minimalen Abweichungen vom Gewohnten umzugehen, aber ihre Bereitschaft, selbst nach einer Lösung zu suchen, hat enorm abgenommen.

    Außerdem müssen bestimmte Grundfertigkeiten, die Kinder früher automatisch erlernten, heute mühsam trainiert werden, wie z. B. das richtige Halten eines Bleistifts, das die Kinder früher mit der Zeit erlernten. Im Vorschulalter hatten sie sich angewöhnt, einen Bleistift richtig zu halten, ohne dass ihnen das vorher großartig beigebracht wurde. Heute habe ich immer mehr Vorschulkinder, denen man erst zeigen muss, wie man einen Stift richtig hält. Ich frage mich, ob das daran liegt, dass Kinder nur noch selten sehen, wie Erwachsene mit einem Stift arbeiten. Tatsache ist, dass viele Grundfertigkeiten, die früher ganz selbstverständlich erworben wurden, heute geübt werden müssen, meist mit den Kindern.

    Es gibt eine zunehmende Tendenz, dass Kinder allgemeine Lebenskompetenzen nicht mehr von ihren Eltern vermittelt bekommen, sondern sich ganz auf den Kindergarten verlassen. Dies ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass nicht wenige Kinder dort unter der Woche fast genauso viel Zeit verbringen wie zu Hause.

    Hinzu kommt, dass der Wert der familiären Erziehung gering geschätzt wird, während die Dringlichkeit der frühkindlichen Erziehung durch öffentliche Betreuungseinrichtungen propagiert wird. Es stimmt aber einfach nicht, dass Kinder etwas verpassen, wenn sie erst mit vielleicht drei oder vier Jahren in den Kindergarten gehen.

    Kein Kind braucht für eine gesunde Entwicklung unbedingt eine Kinderkrippe, sondern Eltern und Arbeitgeber brauchen Krippenplätze, damit Kinder betreut werden können, während die Eltern arbeiten.

    Literatur

    https://www.news4teachers.de/2022/05/die-kinder-haben-sich-veraendert-sie-tun-sich-viel-schwerer-damit-einfache-regeln-zu-akzeptieren-eine-kita-fachkraft-berichtet/ (22-05-26)