Glück und Zufriedenheit sind eine wertvolle Erfahrung, und die Gesellschaft möchte, dass ihre Bürger glücklich und zufrieden sind. Obwohl diese gesellschaftliche Verpflichtung vernünftig erscheint, kann eine übermäßige Betonung der Positivität gegenüber der Negativität eine unerreichbare emotionale Norm schaffen, die paradoxerweise das individuelle Wohlbefinden durchaus auch beeinträchtigen kann. Wenn demnach die Diskrepanz zwischen dem eigenen Gefühlsleben und dem, was die Gesellschaft bzw. das soziale Umfeld von einem erwartet, zu groß ist, wird das von manchen Menschen oft als persönliches Versagen empfunden, weil man sich gewissermaßen nicht genug angestrengt hat, um glücklich und zufrieden zu sein.
In einer multinationalen Studie (40 Länder; 7443 Teilnehmer) untersuchen Dejonckheere et al. (2022), wie der gesellschaftliche Druck, glücklich und nicht traurig zu sein, emotionale, kognitive und klinische Indikatoren des Wohlbefindens auf der ganzen Welt beeinflusst, und untersuchen, wie sich diese Beziehungen in Abhängigkeit von den nationalen Glücksniveaus der Länder unterscheiden (erhoben im World Happiness Report).
Obwohl sich für ein durchschnittliches Land negative Assoziationen zum Wohlbefinden ergeben, variiert die Stärke dieser Beziehungen von Land zu Land, wobei der von den Menschen empfundene gesellschaftliche Druck, glücklich und nicht traurig zu sein, besonders in Ländern mit einem höheren Weltglücksindex mit schlechtem Wohlbefinden verbunden ist. Obwohl der Querschnittscharakter dieser Untersuchung keine kausalen Schlussfolgerungen zulässt, unterstreichen die Ergebnisse zumindest einen korrelativen Zusammenhang zwischen der Bewertung sozialer Emotionen und dem individuellen Wohlbefinden und legen nahe, dass ein hohes nationales Glücksniveau für einige Menschen Nachteile haben kann. Die Ergebnisse legen jedenfalls nahe, dass das Glück innerhalb eines Landes, auch wenn es im Schnitt als glücklich gilt, sehr ungleich verteilt sein kann, wobei die von den weniger glücklichen Menschen empfundene Diskrepanz zur glücklichen Norm die Ungleichheit langfristig noch weiter verstärken könnte.
Literatur
Dejonckheere, Egon, Rhee, Joshua J., Baguma, Peter K., Barry, Oumar, Becker, Maja, Bilewicz, Michał, Castelain, Thomas, Costantini, Giulio, Dimdins, Girts, Espinosa, Agustín, Finchilescu, Gillian, Friese, Malte, Gastardo-Conaco, Maria Cecilia, Gómez, Angel, González, Roberto, Goto, Nobuhiko, Halama, Peter, Hurtado-Parrado, Camilo, Jiga-Boy, Gabriela M., Karl, Johannes A., Novak, Lindsay, Ausmees, Liisi, Loughnan, Steve, Mastor, Khairul A., McLatchie, Neil, Onyishi, Ike E., Rizwan, Muhammad, Schaller, Mark, Serafimovska, Eleonora, Suh, Eunkook M., Swann, William B., Tong, Eddie M. W., Torres, Ana, Turner, Rhiannon N., Vinogradov, Alexander, Wang, Zhechen, Yeung, Victoria Wai-lan, Amiot, Catherine E., Boonyasiriwat, Watcharaporn, Peker, Müjde, Van Lange, Paul A. M., Vauclair, Christin-Melanie, Kuppens, Peter & Bastian, Brock (2022). Perceiving societal pressure to be happy is linked to poor well-being, especially in happy nations. Scientific Reports, 12, doi:10.1038/s41598-021-04262-z.