Die Nase stellt ein Tor zur Welt des Geruchs dar, denn beim Einatmen saugt sie die Luft aus der Umgebung an und transportiert sie zum Riechepithel, einer feinen Zellschicht ganz oben in der Nasenhaupthöhle, die etwa zehn Quadratzentimeter groß ist. Das ist im Vergleich zu Hunden sehr klein, denn je nach Rasse besitzen diese bis zu 170 Quadratzentimetern und haben über 100 Mal mehr Rezeptorzellen pro Quadratzentimeter als der Mensch.
Der Geruchssinn wird bei Embryos sehr früh ausgeprägt, und zwar deutlich früher als das Hören und Sehen, denn ab der 26. bis 27. Schwangerschaftswoche zeigt sich bei Embryonen, dass die Nase und die dazugehörigen Hirnstrukturen schon angelegt sind. Untersuchungen zeigen, dass Embryos im Mutterleib riechen können und dadurch schon im Bauch der Mutter Düfte kennenlernen, denn Kinder reagieren auf einen Duft, den sie zuvor noch nie selbst gerochen haben. Embryos lernen daher auch Düfte zu bewerten, denn Gerüche, die die Mutter ablehnt und die bei ihr besonders negative Emotionen hervorrufen, übertragen sich auf den Embryo, der diesen Duft schon als negativ abspeichert.
Im Vergleich zu Augen und Ohren lässt sich die Leistungsfähigkeit des Geruchssinn nur sehr schwer bestimmen, denn bei anderen Sinnen gibt es Größen, die als Referenz dienen können, etwa das Spektrum der vom Menschen sichtbaren Wellenlängen des Lichts oder der wahrnehmbaren Tonfrequenzen. Da nicht bekannt ist, wie viele Geruchsmoleküle es insgesamt gibt, weiß man auch nicht, wie viele davon die menschliche Nase erkennen kann.
Allerdings wurde nachgewiesen, dass Menschen insgesamt rund achthundert Geruchsrezeptor-Gene haben, von denen die Hälfte abgeschaltet ist, dennoch sind die Geruchsrezeptor-Gene die größte Genfamilie im Genom des Menschen und machen etwa zwei Prozent der Gene aus. Der Geruchssinn ist dabei ein dynamischer Genpool, denn es findet keine negative Selektion statt und Mutationen sind erlaubt, sodass Gene dadurch an- und abgeschaltet werden können. Daher ist in diesem Genbereich eine Weiterentwicklung möglich und Raum für die Evolution, ganz im Gegenteil zu geschlossenen Systemen wie der Fortpflanzung, dem Hormon- und dem zentralen Nervensystem, denn Mutationen könnten hier dramatische Folgen haben.
Das Gehirn reagiert blitzschnell auf Gerüche, denn riecht man etwas Unangenehmes, etwa Aromen von Fermentationsprozessen, reagieren die zuständigen Hirnareale in Sekundenbruchteilen. Ungefähr eine Zehntelsekunde, nachdem der Geruch ankommen ist, gibt es eine kräftige Reaktion im Riechkolben (Bulbus Olfactorius) direkt hinter der Nase. Dann reagiert die Verbindung zur motorischen Großhirnrinde, die dann nach insgesamt drei Zehntelsekunden zu feuern beginnt und auf den unangenehmen Geruch reagiert. Man beugt sich dann ruckartig nach hinten, weg vom Geruch.
Steigt Menschen aber ein angenehmer Duft in die Nase wie der Geruch von Maiglöckchen oder Ananas, dann läuft die Reaktion vergleichsweise gemächlich ab, d. h., keine schnelle Reaktion, dafür eine ausführliche Kommunikation zwischen dem Bulbus Olfactorius und dem Großhirn. Es gibt im Gehirn eine andauernde Schleife zwischen Riechkolben und Großhirn, d. h., der Riechkolben wird permanent auf den neuesten Stand gebracht, und was man riecht, wird ins Verhältnis gesetzt zu früheren Erfahrungen mit diesem Geruch. Dieses Update aus dem Großhirn dauert nach Untersuchungen ungefähr acht Zehntelsekunden.
Literatur
https://www.br.de/nachrichten/wissen/duefte-von-der-nase-direkt-ins-gehirn (21-10-23)