Es ist bekannt, dass die dynamische Koordination der neuronalen Aktivität zwischen einzelnen Neuronen eine Schlüsselrolle bei der effizienten Übertragung von sensorischen Informationen an assoziative Bereiche spielt. Hier berichten Khamechian et al. (2019) über eine Rolle der interneuronalen Synchronie im Hoch-Gamma-Frequenzbereich (180 bis 220 Hz) der Aktivität im Makakengebiet MT (einem visuellen Gebiet in der dorsalen Sehbahn) bei der Bestimmung der Verhaltensleistung. Dies steht jedoch im Gegensatz zu früheren Berichten über die ventrale Sehbahn (z. B. Gebiet V4), bei denen nur der Gamma-Bereich (40 bis 70 Hz) eine Rolle spielte. Die Forscher schlagen vor, dass ein solcher Unterschied zwischen der funktionellen Koordination in verschiedenen visuellen Bahnen genutzt werden könnte, um die Quelle des Inputs für die höheren Bereiche eindeutig zu identifizieren. Die effiziente Übertragung sensorischer Informationen an höhere (motorische oder assoziative) Bereiche in den visuellen kortikalen Arealen von Primaten ist entscheidend für die Umwandlung sensorischer Inputs in Verhaltenshandlungen. Die dynamische Erhöhung des Koordinationsniveaus zwischen einzelnen Neuronen wurde als ein wichtiger Beitrag zu dieser Effizienz vorgeschlagen. Die Forscher schlagen vor, dass Unterschiede in der funktionellen Koordination in verschiedenen visuellen Bahnen genutzt werden könnten, um die Quelle des Inputs für die höheren Bereiche eindeutig zu identifizieren und so eine angemessene Weiterleitung des Informationsflusses zu gewährleisten. Hier haben die Autoren den Grad der Koordination zwischen Neuronen im Bereich MT im visuellen Kortex von Makaken bei einer visuellen Aufmerksamkeitsaufgabe über die Stärke der Synchronisation zwischen dem Spike-Timing der Neuronen relativ zur Phase der oszillatorischen Aktivitäten in lokalen Feldpotentialen bestimmt. Im Gegensatz zu Berichten über die ventrale Sehbahn beobachteten sie die Synchronisation von Spikes nur im Bereich des hohen Gammas (180 bis 220 Hz) und nicht im Bereich des Gammas (40 bis 70 Hz), um die Reaktionsgeschwindigkeit der Tiere vorherzusagen. Dies spricht für eine mechanistische Rolle der Phase der hochgamma-oszillatorischen Aktivität bei der dynamischen Modulation der Effizienz der neuronalen Informationsübertragung. Darüber hinaus können bei Eingängen zu höheren kortikalen Arealen, die von der dorsalen und ventralen Bahn konvergieren, die unterschiedlichen Frequenzbänder dieser Eingänge genutzt werden, um die Identität der Eingangsquelle zu erhalten. Auf diese Weise kann die quellenspezifische oszillatorische Aktivität im Primatenkortex dazu dienen, „funktionell markierte Linien“ für die dynamische Anpassung des kortikalen Informationstransfers und die Multiplexierung konvergierender sensorischer Signale zu etablieren und zu erhalten.
Fazit: Die Schwingungsaktivität von Neuronen spielt eine entscheidende Rolle für die visuelle Wahrnehmung bei Menschen und anderen Primaten. Zu wissen, wie genau diese Aktivitätsmuster gesteuert und kombiniert werden, hilft nicht nur, die zugrunde liegenden neuronalen Mechanismen der bewussten Wahrnehmung besser zu verstehen, sondern ermöglicht auch, den physiologischen Defiziten auf die Spur zu kommen, die etwa Schizophrenie und andere neurologische oder neuropsychiatrischen Erkrankungen bedingen.
Literatur
Khamechian, Mohammad Bagher, Kozyrev, Vladislav, Treue, Stefan, Esghaei, Moein, Daliri, Mohammad Reza (2019). Routing information flow by separate neural synchrony frequencies allows for “functionally labeled lines” in higher primate cortex. Proceedings of the National Academy of Sciences, 116, doi:10.1073/pnas.1819827116.