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Das Gehirn reagiert im Schlaf auf auditorische Stimuli ähnlich wie im Wachzustand

    Während des Schlafs lösen sensorische Reize bekanntlich nur selten eine Verhaltensreaktion oder eine bewusste Wahrnehmung aus, doch ist es nach wie vor unklar, ob der Schlaf dabei bestimmte Aspekte der sensorischen Verarbeitung hemmt. Hayat et al. (2022) haben Menschen mit Epilepsie im Wachzustand und im Schlaf auditive Reize wie Klickgeräusche, Worte oder Musik dargeboten und dabei neuronale Spikes aufgezeichnet. Auditive Stimuli induzierten dabei robuste und selektive Spiking- und Hoch-Gamma-Reaktionen (80-200 Hz) im lateralen Temporallappen, sowohl während des Non-REM- als auch des REM-Schlafs. Der Schlaf schwächte dabei die Antwortgrößen nur mäßig ab, wobei hauptsächlich die späten Antworten jenseits des frühen auditorischen Cortex und Synchronisation im Non-REM-Schlaf betroffen waren. Das bedeutet letztlich, dass die Reaktion auf Geräusche während des Schlafs weitgehend mit der Reaktion im Wachzustand übereinstimmte. Der entscheidenden Unterschied zum Wachzustand war die auditiv induzierte Alpha-Beta-Desynchronisation, die im Wachzustand vorherrschend ist, im Schlaf aber stark reduziert ist. Offenbar bleiben umfangreiche auditorische Reaktionen während des Schlafs bestehen, während die Alpha-Beta-Leistungsabnahme, die wahrscheinlich auf neuronale Rückkopplungsprozesse zurückzuführen ist, unzureichend ist. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass Rückkopplungssignale für die bewusste sensorische Verarbeitung von entscheidender Bedeutung sind, konkret, dass die Neuronen in der primären Hörrinde zwar im Schlaf reagieren, aber das neuronale Top-down-Feedback aus höheren Hirnregionen, die dann beim wachen Menschen Aufmerksamkeit und Erwartung vermitteln, abnimmt.

    Literatur

    Hayat, Hanna, Marmelshtein, Amit, Krom, Aaron J., Sela, Yaniv, Tankus, Ariel, Strauss, Ido, Fahoum, Firas, Fried, Itzhak & Nir, Yuval (2022). Reduced neural feedback signaling despite robust neuron and gamma auditory responses during human sleep. Nature Neuroscience, 25, 935-943.