Intelligenz ist ein Name für die Gemeinsamkeiten von Verhaltensweisen, die man intuitiv mit den geistigen Leistungen von Menschen in Verbindung bringt, d. h., Intelligenz ist also keineswegs nur das, was ein Intelligenztest misst, sondern ein Dimension zur Beschreibung und Vorhersage des Verhaltens von Menschen (Stangl, 2024). In einer Metaanalyse von Längsschnittdaten aus 205 Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass insbesondere bei Kindern der Wert, der sich aus einem IQ-Test zu einem bestimmten Zeitpunkt ergibt, nur bedingt aussagekräftig ist, denn wenn z.B. im Alter von fünf oder sechs Jahren einmalig eine Minderbegabung gemessen wird, bedeutet dies nicht, dass dieses Kind auch als Erwachsener unterdurchschnittlich intelligent sein muss. Ähnliches gilt für die Hochbegabung, denn aus hochbegabten Kindern müssen nicht zwangsläufig hochbegabte Erwachsene werden, insbesondere dann nicht, wenn die vermutete Hochbegabung sehr früh erkannt und nur einmal getestet wurde. Erst ab einem Alter von in der Regel frühestens sieben Jahren könnten IQ-Tests bei Kindern Werte liefern, bei denen zumindest für eine gewisse Zeit Stabilität zu erwarten ist. Bei Jugendlichen und Erwachsenen hingegen pendelt sich das Intelligenzniveau in der Regel in einem überschaubareren Bereich ein und weist später nur noch geringe Schwankungen auf. Diese Stabilität ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass die Beanspruchung des Gehirns im Erwachsenenalter mit dem Eintritt in den Beruf und der Spezialisierung auf bestimmte Anforderungen und Tätigkeiten konstanter und vorhersehbarer ist als in der Kindheit, in der Kinder fast täglich etwas Neues erleben und sich das Gehirn frei entwickeln kann, z.B. durch die Verfeinerung motorischer oder sprachlicher Fähigkeiten.
Intelligenz ist aber nur in einem gewissen Ausmaß trainierbar bzw. die Aufgabentypen von IQ-Tests sind in einem sehr beschränkten Maß trainierbar, denn man nimmt an, dass die maximal mögliche geistige Leistungsfähgigkeit eines Menschen genetisch bedingt ist, die tatsächliche Ausprägung aber von der individuellen Förderung abhängt. Ebenso wie Kinder gleicher Erbanlage je nach Förderung und Forderung unterschiedliche IQ-Niveaus ausbilden können, kann jeder den Typ von Aufgaben, wie sie IQ-Tests im allgemeinen abverlangen, üben und damit unter Umständen ein besseres Testergebnis erreichen als er vor dem Training gehabt hätte, doch ab einem bestimmten Punkt wird Training nicht mehr viel nützen, weil er dann sein maximal mögliches Potential ausgebildet hat. Mit dem Aufgabentyp vertraut zu sein, bedeutet nicht, in der konkreten – und vor allem zeitbegrenzten – Situation auch jede Aufgabe dieses Typs richtig lösen zu können. Im allgemeinen dürfte Training einem Getesteten nur eine in gewissem Maß förderliche Sicherheit geben, weil er im „Ernstfall“ durch die Art der Aufgaben nicht mehr überrascht wird.
Literatur
Stangl, W. (2003, 16. März). Intelligenz – was ist das?. [werner stangl]s test & experiment.
https://testexperiment.stangl-taller.at/testintelligenzwasistdas.html
Stangl, W. (2018, 16. März). Ist Intelligenz trainierbar? Psychologie-News.
https:// psychologie-news.stangl.eu/66/ist-intelligenz-trainierbar