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Warum die Zeit im Alter schneller vergeht

    Mit zunehmendem Alter empfinden viele Menschen, dass die Zeit immer schneller vergeht – ein Eindruck, den internationale Studien aus verschiedenen Ländern bestätigen. Dieses Phänomen betrifft Menschen kulturübergreifend und hat weniger mit objektiver Zeit als mit subjektiver Wahrnehmung zu tun. Ein zentraler Erklärungsansatz liegt in der Art und Weise, wie Erinnerungen entstehen. Je mehr emotionale und bedeutsame Ereignisse ein Mensch erlebt, desto länger erscheint ein Zeitraum im Rückblick. Besonders in der Kindheit und Jugend ist das Leben geprägt von neuen Eindrücken, Erlebnissen und Veränderungen, was die Erinnerung an diese Lebensphase besonders reichhaltig und gedehnt erscheinen lässt.

    Im Erwachsenenalter dagegen dominieren Routinen. Wiederholte Abläufe, gewohnte Umgebungen und ein Mangel an Neuem führen dazu, dass weniger erinnerungswürdige Eindrücke entstehen. Dadurch wirkt die Zeit im Rückblick komprimierter. Alltägliche Tätigkeiten wie Einkaufen oder Aufräumen hinterlassen kaum Spuren im Gedächtnis, während außergewöhnliche Ereignisse – etwa Reisen oder emotionale Erlebnisse – das Zeitgefühl im Nachhinein dehnen. Dieses Zeitparadoxon zeigt sich auch darin, dass aufregende Erlebnisse im Moment wie im Flug vergehen, im Rückblick aber als besonders lang und gehaltvoll erscheinen. Umgekehrt können monotone oder unangenehme Situationen – etwa das Warten in einer Arztpraxis – sich zwar ziehen, bleiben aber kaum erinnerlich.

    Ein weiterer Einflussfaktor ist die Digitalisierung des Alltags. Permanente Ablenkung und der Wegfall von Wartezeiten verringern Momente der Achtsamkeit, die wichtig für bewusstes Erleben und eine reichere Erinnerung sind. Auch Stress und Zeitdruck tragen dazu bei, dass Ereignisse oberflächlicher wahrgenommen werden.

    Wer der gefühlten Beschleunigung der Zeit entgegenwirken möchte, kann gezielt neue Erfahrungen suchen, Gewohnheiten durchbrechen und achtsamer leben. Denn alles, was emotional bewegt und aus dem Alltag heraussticht, verankert sich besser im Gedächtnis – und lässt die Zeit wieder etwas weiter werden.