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Was passiert im Gehirn während eines Powernap?

    Offensichtlich ist das menschliche Gehirn im Wachzustand mit so vielen Prozessen beschäftigt, dass kreative Lösungen manchmal schwierig sind. Der Schlaf ist eine Zeit, in der das Gehirn viel effizienter arbeiten kann als im Wachzustand, obwohl viele Menschen den Schlaf als Ruhezeit betrachten. Doch für das Gehirn ist es eher so, dass man die Kinder ins Bett gebracht hat und endlich andere Dinge erledigen kann, ohne dass sie stören. Das Gehirn denkt sich: ‚Toll, du störst nicht mehr – endlich kann ich alles erledigen‘.

    Die Vorgänge im Gehirn lassen sich durch die elektrische Aktivität erklären, denn wenn das Gehirn arbeitet oder spricht, produziert es schnelle elektrische Wellen mit geringer Amplitude (Betawellen), die kreative Prozesse unterdrücken. Im Ruhezustand produziert das Gehirn langsamere Alphawellen mit höherer Amplitude, und dann beginnt der Mensch einzunicken. Nun, da man sich dem Schlaf nähert, bilden sich Thetawellen, die auch mit Tagträumen in Verbindung gebracht werden. Im Tiefschlaf produziert der Mensch dann Deltawellen.

    Vor allem die Thetawellen, die beim Einschlafen und während des Powernap aktiv sind, könnten dafür verantwortlich sein, dass man Probleme und Situationen aus einer anderen Perspektive wahrnimmt oder sogar einen Geistesblitz hat.

    Wie Powernaps kreative Einsichten fördern können

    Eine Studie von Löwe et al. (2025) belegte eindrücklich, dass nicht nur die Menge des Schlafs eine Rolle spielt, sondern auch dessen Qualität und spezifische Phasen. Insbesondere der sogenannte N2-Schlaf – eine Phase, die unmittelbar auf das Einschlafen folgt und in der kaum geträumt wird – scheint die Fähigkeit des Gehirns zu fördern, Probleme auf kreative Weise zu lösen. In dieser Untersuchung wurden 90 Probandinnen und Probanden rekrutiert, die gebeten wurden, vor dem Experiment wenig zu schlafen und auf Koffein zu verzichten. Ziel war es, die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass die Teilnehmenden während der Versuchsphase einschlafen würden. Diese Strategie war erfolgreich: Knapp 70 Prozent der Teilnehmenden schliefen während des Experiments tatsächlich ein. Währenddessen wurde ihre Gehirnaktivität mittels EEG überwacht. Anschließend mussten die Probanden eine visuelle Entscheidungsaufgabe am Bildschirm lösen, deren zugrunde liegende Regelung sich nach einer gewissen Zeit unbemerkt veränderte – eine Situation, die einen spontanen „Aha“-Moment auslösen kann, sobald die neue Regel erkannt wird. Die Ergebnisse zeigten eine deutliche Korrelation zwischen dem Erreichen der N2-Schlafphase und dem Auftreten solcher Geistesblitze. 86 Prozent der Teilnehmenden, die in den N2-Schlaf gefallen waren, erkannten die neue Regel intuitiv, im Gegensatz zu nur 69 Prozent bei Teilnehmenden, die lediglich in der Einschlafphase (N1) verweilten, und lediglich 56 Prozent bei jenen, die gar nicht schliefen. Die Hirnstrommessungen zeigten zudem, dass sich anhand der spezifischen EEG-Spektren während des Schlafs vorhersagen ließ, ob eine Person später eine kreative Einsicht haben würde – ein bislang unbekannter Zusammenhang, der tiefere Einblicke in die neurokognitiven Mechanismen von Schlaf und Lernen ermöglicht. Die Bedeutung dieser Erkenntnisse liegt nicht allein in der Bestätigung früherer Vermutungen über die kreative Kraft des Schlafs, sondern in der präzisen Zuordnung dieser Wirkung zur N2-Phase. Während der Schlaf üblicherweise in fließenden Übergängen von der Einschlafphase (N1) über die leichtere N2-Phase hin zum Tiefschlaf (N3) verläuft, zeichnet sich jede dieser Phasen durch charakteristische Muster in Muskelspannung und Gehirnaktivität aus. Besonders die N2-Phase scheint ein neurophysiologisches Fenster zu öffnen, in dem das Gehirn bereits ausreichend abgeschirmt von äußeren Reizen operiert, aber noch flexibel genug ist, um neue Verbindungen herzustellen – ein Zustand, der offenbar ideale Bedingungen für kreative Einsichten bietet.

    Aus einer Pressemeldung:

    Eine Studie des University College London ergab, dass regelmäßige kurze Nickerchen während des Tages gut für das Gehirn sind und dazu beitragen, seine Größe über einen längeren Zeitraum zu erhalten. Johns Hopkins Medicine berichtet, dass ein 30- bis 90-minütiges Nickerchen für das Gehirn älterer Erwachsener von Vorteil sein kann, während ein Nickerchen von mehr als anderthalb Stunden sich negativ auf die Kognition und die Gedächtnisbildung auswirken kann. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass ein moderates Nickerchen am Tag für die Erhaltung der Gesundheit und Größe des Gehirns von Vorteil sein könnte, insbesondere bei Erwachsenen mittleren und höheren Alters (Stangl, 2023).

    Literatur

    Löwe, A. T., Petzka, M., Tzegka, M. M., & Schuck, N. W. (2025). N2 sleep promotes the occurrence of ‘aha’ moments in a perceptual insight task. PLOS Biology, 23(6), e3003185.
    Stangl, W. (2025, 28. Juni). Wie Powernaps kreative Einsichten fördern. Psychologie-News.
    https:// psychologie-news.stangl.eu/5928/wie-powernaps-kreative-einsichten-foerdern.
    Stangl, W. (2023, 22. November). Power-Napping. Online Lexikon für Psychologie & Pädagogik.
    https:// lexikon.stangl.eu/12856/power-napping#comment-25558.

    Literatur