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Warum langes Wachsein in der Nacht abträglich ist

    Ausreichender nächtlicher Schlaf mit minimalen Unterbrechungen unterstützt Denkleistungen und die emotionale Regulierung während des Tages, während umgekehrt ein gestörter Schlaf mit erheblichen nächtlichen Wachszeiten zu kognitiven und verhaltensbezogenen Dysregulationen führen kann. Die meisten bisherigen Studien haben untersucht, wie sich fragmentierter oder unzureichender Schlaf auf das Funktionieren am nächsten Tag auswirkt, aber neuere Arbeiten heben aber eher die Veränderungen in Kognition und Verhalten hervor, die auftreten, wenn jemand während der Nacht wach ist.

    Tubbs et al. (2022) fassten bisherige Belege für Tag-Nacht-Veränderungen bei maladaptiven Verhaltensweisen, einschließlich Suizid, Gewaltverbrechen und Drogenkonsum, zusammen und untersuchten, wie sich Stimmung, Belohnungsverarbeitung und Exekutivfunktionen während eines nächtlichen Wachzustands unterscheiden. Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse stellen sie die Hypothese des „Mind after Midnight“ auf, nach der Aufmerksamkeitsverzerrungen, negativer Affekt, veränderte Belohnungsverarbeitung und präfrontale Enthemmung zusammenwirken, um Verhaltensdysregulationen und psychische Störungen zu fördern. Diese Hypothese besagt letztlich, dass Menschen, die nachts häufig wach werden, eher zu negativen Gedanken neigen, öfter falsche Schlüsse ziehen und ihr Handeln weniger gut kontrollieren können. Die Ursache dafür ist aber nicht nur die Müdigkeit, sondern die innere biologische Uhr. Nächtlichen Wachseins führt etwa zu einem veränderten Essverhalten, da Menschen bei längeren Wachzeiten und Schlafmangel einen gesteigerten Appetit entwickeln, denn durch diese Phasen steigt letztlich der individuelle Energiebedarf. Nachts wird dabei aber weniger gesunde Nahrung wie Obst oder Gemüse konsumiert, vielmehr stehen Kohlenhydrate, Fette und Fertigprodukte im Mittelpunkt, sodass die Aufnahme von Kalorien den höheren Bedarf durch das längere Wachsein noch übersteigt. Möglicherweise ist für ein solches Verhalten auch die geringeren Impulskontrolle während der Nacht verantwortlich.

    Literatur

    Tubbs Andrew S., Fernandez Fabian-Xosé, Grandner Michael A., Perlis Michael L., Klerman Elizabeth B. (2022). The Mind After Midnight: Nocturnal Wakefulness, Behavioral Dysregulation, and Psychopathology. Frontiers in Network Physiology, 1, doi:10.3389/fnetp.2021.830338.