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Die Funktion von absurden Gedanken

    Viele Menschen erleben beim Einschlafen lebhafte, oft absurde Gedanken oder Tagträume – etwa Szenarien, in denen sie berühmte Persönlichkeiten sind oder unrealistische Situationen meistern. Dieses Phänomen ist weit verbreitet und lässt sich wissenschaftlich erklären. Es tritt häufig in der Phase zwischen Wachsein und Schlaf auf, einem sogenannten hypnagogischen Zustand, in dem das Gehirn besonders kreativ arbeitet und logisches Denken in den Hintergrund tritt. In dieser Zeit beginnt der Geist, frei zu assoziieren und Fantasien zu entwickeln, was Forscher als gelenktes Tagträumen bezeichnen. Hypnagogische Phänomene treten häufiger bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf, wobei die Anzahl mit zunehmendem Alterabnimmt. Dieses Phänomen tritt auch eher bei Frauen als bei Männern auf. Im Kleinkindalter sind solche Phänomene noch häufiger und werden auch im Verlauf des Schlafes beobachtet (Stangl, 2014).

    Solche nächtlichen Gedankenflüsse haben jedoch nicht nur unterhaltenden Charakter, sondern sie können emotionale Spannungen abbauen, helfen bei der Verarbeitung von Erlebnissen und fördern das psychische Gleichgewicht. Wenn Menschen etwa einen Streit gedanklich neu durchspielen oder sich als erfolgreich in einer schwierigen Situation vorstellen, wirkt das beruhigend und stärkend. Positive Gedanken vor dem Schlafen verbessern zudem die Schlafqualität, während ängstliches Grübeln das Einschlafen erschweren kann.

    Manche Menschen erleben solche Tagträume jedoch so intensiv, dass sie stundenlang darin versinken und den Bezug zur Realität teilweise verlieren – ein Zustand, der als zwanghaftes Tagträumen bekannt ist. Obwohl diese Störung noch nicht offiziell anerkannt ist, wird sie zunehmend erforscht. Betroffene berichten von Kontrollverlust, Konzentrationsproblemen und Beeinträchtigungen im Alltag. In solchen Fällen kann psychologische Unterstützung sinnvoll sein.

    Grundsätzlich gilt aber: Solange das Tagträumen vor dem Einschlafen nicht belastend ist, besteht kein Grund zur Sorge. Im Gegenteil – diese Fantasien sind ein natürlicher Teil des geistigen Abschaltens, fördern Kreativität, innere Erholung und emotionale Stabilität. Wer dennoch Schwierigkeiten hat, zur Ruhe zu kommen, kann mit einfachen Maßnahmen wie weniger Bildschirmzeit, festen Abendritualen oder Meditation gegensteuern. Letztlich zeigt das Phänomen, wie flexibel und anpassungsfähig unser Geist ist – sogar im Halbschlaf.

    Literatur

    Stangl, W. (2014, 28. April). Hypnagogie. Online Lexikon für Psychologie & Pädagogik.
    https:// lexikon.stangl.eu/32744/hypnagogie.