Eine Achtsamkeitsmeditation soll Linderung bei Angstzuständen, Depressionen, Stresserfahrungen und ähnlichen Beschwerden bringen, wobei sie nach zahlreichen Untersuchungen eine mit klassischen psychiatrischen Therapien vergleichbare Wirkung zeigt. Britton et al. (2018) haben nun empirisch belegt, dass auch unangenehme Erfahrungen im Zusammenhang mit der Achtsamkeitsmeditation zu erwarten sind, und zwar ähnlich wie in der traditionellen Psychotherapie, wobei die knapp einhundert Teilnehmer der Studie überwiegend Frauen mittleren Alters waren, die nach Möglichkeiten suchten, leichte bis mittlere Stress-, Angst- oder Depressionssymptome zu lindern.
Man verglich in der Studie drei unterschiedliche achtwöchige Mindfulness-Programme, die auf Achtsamkeitsmeditation beruhen, wobei negativ bewertete Nebenwirkungen von achtundfünfzig Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer berichtet worden sind, negative Funktionseinschränkungen von siebenunddreißig Prozent, wobei die negativen Erfahrungen bei sechs bis vierzehn Prozent der Befragten von längerer Dauer waren. Das erste Programm enthielt Meditationen, bei denen sich die Aufmerksamkeit auf ein einzelnes Objekt fokussieren sollte wie etwa auf ein Mantra. Das zweite Programm hat mit dem offenen Gewahrsein gearbeitet, einer Meditation, bei der sich die Teilnehmenden auf nichts Konkretes konzentrieren sollten und alle Erfahrungen zugelassen sind. Ein drittes Programm war eine Mischform dieser beiden Meditationsformen.
Dabei sind in allen Programmen negative Nebenwirkungen aufgetreten, jedoch kam es auch in allen Programmen zu Verbesserungen der ursprünglichen Beschwerden. Die häufigste negative Nebenwirkung war das traumatische Wiedererleben von Erfahrungen, ebenso wie Angstzustände oder Panik, wobei die negativen Erfahrungen in der Mehrzahl einer besonderen Übung oder Praxis zuzuschreiben war. Die Mindfulness-Meditationen arbeiten einerseits häufig mit einer Steigerung der körperlichen Wahrnehmung und Aktivierung, worauf die vermehrten Erfahrungen von Angst, Panik und auch Flashbacks zurückzuführen sein dürften. Außerdem gehört zu den Meditationsformen auch ein inneres Abstandnehmen von der körperlichen Erfahrung zur Meditationspraxis, womit Gefühle der Entkörperlichung, der emotionale Abstumpfung und Dissoziation erklärbar sind.
Literatur
Britton, Willoughby B., Davis, Jake H., Loucks, Eric B., Peterson, Barnes, Cullen, Brendan H., Reuter, Laura, Rando, Alora, Rahrig, Hadley, Lipsky, Jonah & Lindahl, Jared R. (2018). Dismantling Mindfulness-Based Cognitive Therapy: Creation and validation of 8-week focused attention and open monitoring interventions within a 3-armed randomized controlled trial. Behaviour Research and Therapy, 101, 92-107.
Schindler, Simon, Pfattheicher, Stefan & Reinhard, Marc‐André (2019). Potential negative consequences of mindfulness in the moral domain. European Journal of Social Psychology, doi:10.1002/ejsp.2570.