Die psychologische Forschung zur Resilienz zeigt, dass die Fähigkeit, Krisen zu bewältigen und sich von Belastungen zu erholen, maßgeblich auf stabilen inneren Ressourcen basiert. Eine zentrale Ressource ist dabei die Selbstliebe, verstanden als Akzeptanz und Wertschätzung der eigenen Person unabhängig von externen Leistungen oder Bewertungen (Neff, 2011). Selbstliebe trägt dazu bei, dass Individuen in schwierigen Lebensphasen – wie Pandemien, familiären Konflikten oder beruflichen Problemen – ein stabiles Selbstwertgefühl aufrechterhalten können, das nicht von äußeren Bedingungen abhängt.
Der Aufbau dieser Selbstakzeptanz beginnt bereits in der frühen Kindheit und ist eng mit der Bindungstheorie nach Bowlby (1969) verknüpft. Sichere Bindungserfahrungen, die durch konsistente, wertschätzende und nicht konditionale elterliche Zuwendung geprägt sind, fördern die Entwicklung eines positiven Selbstkonzepts. Expertinnen und Experten heben hervor, dass Eltern in den ersten Lebensjahren eine entscheidende Rolle spielen: Durch eine offene, respektvolle Haltung und die Vermittlung des Gefühls, als Mensch bedingungslos wertvoll zu sein, legen sie den Grundstein für psychische Widerstandskraft.
Demgegenüber kann eine Erziehung, in der Zuwendung implizit oder explizit an gewünschtes Verhalten geknüpft wird („lieb sein“), dazu führen, dass Kinder Liebe und Anerkennung in späteren Beziehungen als bedingt erleben. Diese internalisierten Muster können in Stress- und Krisensituationen die Selbstregulation und Resilienz beeinträchtigen. Ein resilienzförderlicher Erziehungsstil zeichnet sich hingegen dadurch aus, dass Eltern klar zwischen der Person und deren Verhalten differenzieren: Nicht jede Handlung ist gut, aber das Kind selbst bleibt in seinem Wert unantastbar.
Literatur
Bowlby, J. (1969). Attachment and loss: Vol. 1. Attachment. Basic Books.
Masten, A. S. (2014). Ordinary magic: Resilience in development. Guilford Press.
Neff, K. D. (2011). Self-compassion: The proven power of being kind to yourself. HarperCollins.