Zum Inhalt springen

Der Prüfungsangst die Stirn bieten

    Prüfungsangst ist ein weit verbreitetes Phänomen, das Menschen in allen Bildungs- und Lebensphasen betreffen kann. Sie äußert sich nicht nur durch körperliche Symptome wie Zittern, Schweißausbrüche oder Herzrasen, sondern auch auf der psychischen Ebene durch Selbstzweifel, Schlaflosigkeit oder „Blackouts“ in Prüfungssituationen. Ihre Ursachen sind vielfältig: Leistungsdruck, Versagensängste, negative Vorerfahrungen oder hohe Erwartungen des sozialen Umfelds gehören zu den häufigsten Auslösern (Schwarzer & Jerusalem, 2002). Prüfungsangst ist daher keineswegs eine Schwäche, sondern eine psychische Reaktion auf eine als bedrohlich empfundene Situation – allerdings eine, der man aktiv begegnen kann.

    Eine der wirksamsten Strategien zur Bewältigung von Prüfungsangst ist eine systematische Vorbereitung. Dabei ist nicht nur der Umfang des Lernens entscheidend, sondern vor allem die Struktur. Lernpläne, klare Zielsetzungen und regelmäßige Wiederholungseinheiten helfen, Sicherheit aufzubauen und das Gefühl der Kontrolle zurückzugewinnen (Heimberg & Schneider, 2012). Ebenso wichtig ist der Einsatz effektiver Lernmethoden, etwa das „aktive Wiederholen“, das strukturierte Zusammenfassen von Inhalten oder das Üben von Prüfungsformaten unter realistischen Bedingungen. Studien zeigen, dass eine gute Vorbereitung das Angstniveau deutlich senken kann (Petermann & Wiedebusch, 2008).

    Neben der inhaltlichen Vorbereitung spielt auch die mentale Einstellung eine große Rolle. Viele Betroffene neigen dazu, ihre Fähigkeiten zu unterschätzen und katastrophisierende Gedanken zu entwickeln wie „Ich werde versagen“ oder „Ich bin nicht gut genug“. Hier kann kognitive Umstrukturierung helfen – eine Methode aus der kognitiven Verhaltenstherapie, bei der dysfunktionale Gedanken identifiziert und durch realistische, unterstützende ersetzt werden. Wer beispielsweise lernt, den Gedanken „Ich darf keine Fehler machen“ in „Fehler sind menschlich und Teil des Lernprozesses“ umzuwandeln, kann Prüfungen mit mehr Gelassenheit begegnen (Kuschel, 2013).

    Auch körperorientierte Methoden sind wirksam im Umgang mit Prüfungsangst. Entspannungsverfahren wie die Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson oder Atemtechniken helfen, akute Stressreaktionen abzubauen. Besonders wirkungsvoll sind Achtsamkeitsübungen, bei denen es darum geht, den gegenwärtigen Moment bewusst wahrzunehmen, ohne ihn zu bewerten. Solche Methoden fördern die Selbstwahrnehmung und helfen, sich nicht von angstbesetzten Gedanken mitreißen zu lassen (Kabat-Zinn, 2005; Michalak, Heidenreich, & Williams, 2012). In Schulen und Hochschulen werden achtsamkeitsbasierte Programme zunehmend mit Erfolg eingesetzt.

    Auch soziale Unterstützung sollte nicht unterschätzt werden. Gespräche mit Freund*innen, Mitstudierenden oder Lehrkräften können entlastend wirken, das Gefühl der Isolation reduzieren und dabei helfen, eigene Sorgen zu relativieren. In schwerwiegenden Fällen kann eine psychologische Beratung oder Therapie notwendig sein. Hochschulen bieten oft kostenfreie psychologische Dienste an, die gezielt auf Prüfungsangst ausgerichtete Trainingsprogramme durchführen.

    Literatur

    Heimberg, M., & Schneider, W. (2012). Prüfungsangst: Erkennen – verstehen – bewältigen. Stuttgart: Kohlhammer.
    Kabat-Zinn, J. (2005). Gesund durch Meditation: Das große Buch der Selbstheilung mit MBSR. München: Droemer.
    Kuschel, A. (2013). Angstfrei in die Prüfung: Strategien für mehr Gelassenheit und Erfolg. Weinheim: Beltz.
    Michalak, J., Heidenreich, T., & Williams, J. M. G. (2012). Achtsamkeit und Akzeptanz in der Psychotherapie: Grundlagen und Anwendung. Stuttgart: Schattauer.
    Petermann, F., & Wiedebusch, S. (2008). Prüfungsängste bei Kindern und Jugendlichen: Diagnostik und Intervention. Göttingen: Hogrefe.
    Schwarzer, R., & Jerusalem, M. (2002). Das Konzept der Selbstwirksamkeit. Zeitschrift für Pädagogik, 48(1), 28–53.