Nach Aristoteles dient eine Definition dazu, das „Wesen“ eines Dings zu beschreiben – jene Eigenschaften, die sich nicht ändern können, ohne dass das Ding seine Identität verliert. So bleibt Sokrates Sokrates, unabhängig davon, ob er gerade Hunger hat oder nicht. Der Hunger gehört nicht zu seinem Wesen als Mensch. Das Menschsein hingegen ist Teil seines Wesens – würde sich das ändern, wäre er nicht mehr Sokrates.
Für Aristoteles konnten Definitionen wahr oder falsch sein. Wahre Definitionen waren zugleich wahre Ausgangspunkte, von denen aus logisches Schließen möglich wurde. Er unterschied dabei zwischen der Wahrheit der Prämissen und der Gültigkeit des Schlusses, der von den Prämissen zur Konklusion führt. Sind die Prämissen mit Sicherheit wahr, spricht man von einem apodiktischen Schluss und einer ebenfalls sicher wahren Schlussfolgerung. Ist der Wahrheitsgehalt der Prämissen hingegen unbekannt, handelt es sich um einen dialektischen Schluss mit unsicherer Konklusion. Beide Formen des Schließens hatten ihre Anwendungsbereiche. Die euklidische Geometrie lieferte ein Jahrhundert nach Aristoteles Beispiele für apodiktische Aussagen. Euklid begann mit Definitionen, Postulaten und Axiomen, deren Wahrheit unbestritten war, und leitete daraus Satz für Satz logisch ab. Solche logischen Herleitungen werden Beweise genannt.
So nutzte Aristoteles die Unterscheidung zwischen wahren Voraussetzungen und gültiger Folgerung, um seine Theorie des logischen Schließens zu entwickeln. Diese bildete die Grundlage für die präzisen Beweise der euklidischen Geometrie, die eine neue Epoche der Mathematik einleiteten.
Dialektische Schlussfolgerungen können durchaus zu gültigen Beweisen führen. Das Prinzip dahinter ist, dass wenn man aus einer unsicheren Prämisse einen logischen Widerspruch ableiten kann, dann ist die ursprüngliche Prämisse als falsch erwiesen. Denn aus wahren Aussagen können nur weitere wahre Schlussfolgerungen gezogen werden – niemals aber ein Widerspruch.
Dieses Konzept der dialektischen Beweisführung hat eine lange Tradition in der Philosophie. Bereits die antiken Denker wie Sokrates und Platon verwendeten diese Methode, um Unwahrheiten und logische Inkonsistenzen in den Argumenten ihrer Gesprächspartner aufzudecken. Sie gingen dabei systematisch vor, indem sie zunächst eine Behauptung oder Annahme des Gegenübers akzeptierten und dann versuchten, daraus einen Widerspruch abzuleiten. Sobald dieser Widerspruch zutage trat, war die ursprüngliche Prämisse widerlegt.
Diese Form der dialektischen Argumentation dient nicht nur dazu, Fehlannahmen und logische Schwächen aufzuzeigen. Sie kann auch dazu verwendet werden, neue Erkenntnisse zu gewinnen. Wenn man ausgehend von einer Prämisse zu einem Widerspruch gelangt, kann man schlussfolgern, dass die Prämisse falsch sein muss. Daraus lässt sich dann folgern, dass das Gegenteil der Prämisse wahr sein muss. Auf diese Weise kann man durch geschickte dialektische Schlüsse neue Wahrheiten oder zumindest neue logische Zusammenhänge erschließen.
Die Stärke der dialektischen Methode liegt also darin, dass sie es erlaubt, Argumente und Behauptungen auf ihre logische Konsistenz hin zu überprüfen. Indem man versucht, Widersprüche daraus abzuleiten, zwingt man den Gesprächspartner dazu, seine Prämissen und Schlussfolgerungen genau zu überdenken. Auf diese Weise kann man zu fundierten und überzeugenden Beweisen gelangen.