Das menschliche Gehirn steuert komplexe Verhaltensweisen, die von feinmotorischen Fähigkeiten bis zu abstrakter Intelligenz reichen, doch die Vielfalt der Zelltypen, die diese Fähigkeiten unterstützen, ist noch nicht vollständig beschrieben. Siletti et al. (2023) verwendeten die RNA-Sequenzierung einzelner Kerne, um systematisch Zellen im gesamten erwachsenen menschlichen Gehirn zu untersuchen, wobei man mehr als drei Millionen Zellkerne aus etwa 100 Präparaten des Vorder-, Mittel- und Hinterhirns von drei postmortalen Spendern entnahm. Dabei analysierte man das Methylierungsmuster der DNA, das durch Anlagerungen am Erbgut darüber bestimmt, welche Teile des Genoms in der jeweiligen Zelle zu Proteinen umgesetzt wird. Zusätzlich erfasste man die dreidimensionale Struktur der DNA sowie die Proteine und die Gesamtheit der abgelesenen und in RNA kopierten Proteinbaupläne in den Zellen.
Bei der Analyse wurden 461 Cluster und 3313 Subcluster identifiziert, die größtenteils nach dem Ursprung der Entwicklung geordnet sind und eine große Vielfalt an Neuronen im Mittel- und Hinterhirn aufweisen. Astrozyten und Zellen der Oligodendrozyten-Linie wiesen ebenfalls eine regionale Vielfalt auf mehreren Ebenen auf. Etwa achtzig Prozent waren demnach Nervenzellen, bei den übrigen handelte es sich um unterschiedliche Arten von Gliazellen, die die Nervenzellen stützen, versorgen und elektrisch isolieren.
Die vorgestellte transkriptomische Zählung des gesamten menschlichen Gehirns stellt eine Ressource für das Verständnis der molekularen Vielfalt des menschlichen Gehirns in Gesundheit und Krankheit dar.
Literatur
Siletti, Kimberly, Hodge, Rebecca, Mossi Albiach, Alejandro, Lee, Ka Wai, Ding, Song-Lin, Hu, Lijuan, Lönnerberg, Peter, Bakken, Trygve, Casper, Tamara, Clark, Michael, Dee, Nick, Gloe, Jessica, Hirschstein, Daniel, Shapovalova, Nadiya V., Keene, C. Dirk, Nyhus, Julie, Tung, Herman, Yanny, Anna Marie, Arenas, Ernest, Lein, Ed S. & Linnarsson, Sten (2023). Transcriptomic diversity of cell types across the adult human brain. Science, 382, doi:10.1126/science.add7046.