Menschen mit extremen politischen Ansichten, ob links oder rechts, zeigen ähnliche Gehirnreaktionen bei der Konfrontation mit politisch aufgeladenen Inhalten. Eine Studie von FeldmanHall et al. (2016) untersuchte 44 Personen, deren politische Neigungen auf einer Skala von 0 bis 100 erfasst wurden. Die Teilnehmenden sahen dabei eine hitzige Debatte zwischen den US-Politikern Tim Kaine und Mike Pence aus dem Jahr 2016. Währenddessen wurde ihre Gehirnaktivität mittels MRT-Scan und ihre körperliche Erregung über die Hautleitfähigkeit gemessen.
Die Ergebnisse zeigten, dass politisch extrem eingestellte Personen, unabhängig von ihrer ideologischen Ausrichtung, eine stärkere neuronale Aktivität in Gehirnregionen aufwiesen, die mit der Verarbeitung von Emotionen wie Angst und Bedrohung assoziiert sind. Diese Reaktionen waren besonders ausgeprägt, wenn die Debattierenden eine scharfe Sprache verwendeten. Die Forschenden stellten zudem fest, dass diese Teilnehmer auch eine höhere körperliche Erregung zeigten, was die neuronalen Prozesse weiter verstärkte.
Man interpretiert dies als einen Hinweis darauf, dass starke Emotionen und Erregungszustände zur Verfestigung politischer Überzeugungen beitragen. Im Gegensatz dazu zeigten Personen mit gemäßigteren Ansichten eine größere Vielfalt an Gehirnreaktionen, was die Forschenden zu dem Schluss bringt, dass der Grad des Extremismus, nicht die spezifische Ideologie, die Art und Weise der Verarbeitung politischer Informationen bestimmt. Diese Erkenntnisse stützen die Hufeisen-Theorie, die eine Ähnlichkeit zwischen den extremen Rändern des politischen Spektrums postuliert. Die Autoren betonen, dass ihre Ergebnisse im Kontext der US-Politik gewonnen wurden und daher nicht ohne Weiteres auf andere Länder übertragbar sind.
Literatur
FeldmanHall, O., De Bruin, D., & Kaine, T. (2016). Politische Überzeugungen und neuronale Aktivität. Journal of Personality and Social Psychology, 111(5), 789–805.