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Die Weitergabe von traumatischen Erlebnissen der Mütter in ihrer Kindheit an ihre Babys

    Es gilt als nachgewiesen, dass Belastungen, insbesondere in sensiblen Entwicklungsphasen wie der Kindheit, sowohl verhaltensbezogene als auch neurobiologische Konsequenzen haben, etwa in Form von einer Erhöhung des Risikos für psychiatrische Erkrankungen. Man vermutet seit längerem, dass diese Auswirkungen der frühzeitigen Belastung durch widrige Umstände auch über Generationen hinweg weitergegeben werden kann. Hendrix et al. (2021) haben untersucht, welche Zusammenhänge zwischen der Exposition der Mutter gegenüber widrigen Umständen in ihrer eigenen Kindheit und der neuronalen Konnektivität ihres Neugeborenen untersuchen. Dafür begleiteten man 48 Mütter mit ihren Babys von Beginn der Schwangerschaft an, so lange, bis die Kinder einen Monat alt waren. Diese Mütter hatten Fragebögen ausgefüllt, auf denen sie ihr eigenes Kindheitstrauma wie Missbrauch oder Vernachlässigung beurteilen sollten bzw. wurde erhoben, ob und wie stark sie sich vor der Geburt belastet fühlten und ob sie unter Angstzuständen oder Depressionen litten.

    Man untersuchte nun bei Neugeborenen im Alter von einem Monat deren Hirnfunktionen mit einem Magnetresonanztomographen, wobei man sich vor allem auf die Gehirnverbindungen zwischen der Amygdala, dem präfrontalen und dem anterioren cingulären Cortex konzentrierte. Alle drei Areale spielen bekanntlich eine Schlüsselrolle bei der Regulierung von Gefühlen, unter anderem von Angst. Dabei zeigten Babys, deren Mütter in ihrer Kindheit emotional vernachlässigt worden waren, stärkere funktionelle Verbindungen zwischen den drei an der Gefühlsregulierung beteiligten Hirnarealen. Waren die Frauen hingegen früher körperlichen Misshandlungen ausgesetzt gewesen, zeigte sich diese Veränderung nicht. Möglicherweise zeigt diese Erfahrung andere neuronale Effekte, die bislang noch nicht erforscht wurden, etwa dass diese neuronalen Veränderungen den Kindern helfen könnten, Bedrohungen durch ihre Umwelt schneller zu erkennen und zu bewältigen.

    Literatur

    Hendrix, Cassandra L., Dilks, Daniel D., McKenna, Brooke G., Dunlop, Anne L., Corwin, Elizabeth J. & Brennan, Patricia A. (2021). Maternal Childhood Adversity Associates With Frontoamygdala Connectivity in Neonates. Biological Psychiatry: Cognitive Neuroscience and Neuroimaging, 6, 470-478.
    https://lexikon.stangl.eu/17198/praenatale-entwicklung (21-12-12)
    https://www.mdr.de/wissen/vernachlaessigung-hinterlaesst-spuren-im-gehirn-von-babys-100.html (22-12-16)