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Wie Selbstkontrolle im Gehirn entsteht

    Zielgerichtetes Verhalten hängt entscheidend von der Fähigkeit ab, Impulse und vorherrschende Verhaltensreaktionen zu unterdrücken. Die Fähigkeit zur hemmenden Kontrolle entwickelt sich in der frühen Kindheit und verbessert sich deutlich zwischen 3 und 4 Jahren. Kinder lernen, auf bestimmte Dinge zu warten und können sich bereits für eine Weile auf eine Aufgabe konzentrieren. Um diese Entwicklungssprünge zu untersuchen, nutzte man in einer Untersuchung von Berger et al. (2022) verschiedene Aufgaben, mit denen die unterschiedlichen Formen der Selbstkontrolle getestet werden können. Im „Bär-Drachen-Spiel“ erfasste man die Fähigkeit der Kinder, bestimmte Handlungen zu unterdrücken, wobei die Kinder dabei zunächst mit zwei Kuscheltieren bekannt gemacht werden: Dem „lieben Bär“ und dem „bösen Drachen“. Während des Spiels erhalten die Kinder verschiedene Anweisungen der beiden Figuren, wie „Klatsch in die Hände!” oder “Berühre deine Nase!”. Diese Anweisungen sollten sie jedoch nur dann umsetzen, wenn der “liebe Bär“ sie aufforderte, nicht aber, wenn der „böse Drache“ die Anweisung gab. Die andere Aufgabe war der bekannte “Marshmallow-Test”, der wiederum die Fähigkeit der Kinder erfasste, einen emotionalen Impuls über längere Zeit hinweg zu unterdrücken.

    Berger et al. (2022) haben nun untersucht, welche Gehirnstrukturen mit der Entwicklung dieser wichtigen Fähigkeit zusammenhängen. Die Ergebnisse zeigten, dass die kortikale und subkortikale Struktur von Kernregionen des kognitiven Kontrollnetzwerks von Erwachsenen, einschließlich des präfrontalen Cortex, des Thalamus und der der beiden inferioren parietalen Cortexe, mit der frühen inhibitorischen Funktion bei Vorschulkindern in Verbindung steht. Es zeigte sich dabei ein Zusammenhang zwischen frontoparietalen (d. h. dem superioren longitudinalen Faszikel) und thalamokortikalen Verbindungen und der frühen Hemmungsfähigkeit. Bemerkenswert war, dass diese Assoziationen zur Hirnstruktur für verschiedene Facetten der frühen Hemmungskontrolle, die oft als motivationale („heiße“) und kognitive („kalte“) Hemmungskontrolle bezeichnet werden, unterschiedlich waren.

    Die unterschiedlichen Aufgaben zur Selbstkontrolle, der „Bär-Drache“- und der Marshmallow-Test, standen mit unterschiedlichen Regionen innerhalb des kognitiven Kontrollnetzwerks in Verbindung, denn schnitten Kinder in ersterem gut ab, war der präfrontale Cortex weiter ausgebildet, der bei Erwachsenen insbesondere für die Planung und Steuerung von Handlungen zuständig ist, waren die Kinder besser im Marshmallow-Test, war der supramarginalen Gyrus im Reifeprozess stärker vorangeschritten, der eher mit der Steuerung von Aufmerksamkeit verbunden ist.

    Literatur

    Berger, Philipp, Friederici, Angela D. & Grosse Wiesmann, Charlotte (2022). Maturational Indices of the Cognitive Control Network Are Associated with Inhibitory Control in Early Childhood. The Journal of Neuroscience, 42, 6258-6266.
    https://www.cbs.mpg.de/wie-sich-selbstkontrolle-im-gehirn-entwickelt (22-10-23)