Man weiß, dass Menschen, die blind geboren werden, dennoch visuelle Aktivitäten im Gehirn zeigen. In einer neuen Studie haben Marins et al. (2023) eine Gruppe von angeboren Blinden mit einer Gruppe von Sehenden beim Lesen von Brailleschrift verglichen, und die verschiedenen Gehirnareale, die dabei aktiviert werden, per Magnetresonanztomographie sichtbar gemacht. Es zeigte sich, dass der Occipitallappen, der beim Sehen beteiligt ist, bei den Blinden schwächer ausgebildet war und dafür der Temporallappen stärker, wobei dieser Bereich des Gehirns wiederum beim Hören verstärkt mitarbeitet, was letztlich auch die besseren Hörfähigkeiten von vielen Blinden erklären könnte. Zum ersten Mal konnte man daher beim Menschen eine Neuordnung der strukturellen thalamokortikalen Verbindungen nachweisen werden, die sowohl unimodale als auch multimodale Thalamuskerne einbezieht und ein Licht auf die möglichen Mechanismen der crossmodalen Plastizität beim Menschen wirft. Die vorliegenden Ergebnisse können daher zum Verständnis der funktionellen Anpassungen beitragen, die häufig bei angeborenen Blinden beobachtet werden.
Literatur
Marins, Theo F., Russo, Maite, Rodrigues, Erika C., Monteiro, Marina, Moll, Jorge, Felix, Daniel, Bouzas, Julia, Arcanjo, Helena, Vargas, Claudia D. & Tovar-Moll, Fernanda (2023). Reorganization of thalamocortical connections in congenitally blind humans. Human Brain Mapping, doi:10.1002/hbm.26192.
https://www.mdr.de/wissen/ angeborene-blindheit-und-visuelle-aktivitaeten-im-gehirn100.html (23-01-22)