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Das Gedächtnis für die Zukunft

    Das prospektive Gedächtnis, auch als Gedächtnis für die Zukunft bezeichnet, spielt eine entscheidende Rolle bei der Erinnerung an bevorstehende Ereignisse oder Aufgaben, die noch stattfinden sollen. Es ist von großer Bedeutung für die täglichen Abläufe und langfristigen Planungen. Zur Unterstützung können Hilfsmittel wie Kalender, Wecker oder die Platzierung von Gegenständen an bestimmten Orten eingesetzt werden. Zusätzlich kann das Gehirn trainiert werden, um Aufgaben und Vorhaben besser im Gedächtnis zu behalten.

    Die US-amerikanische Psychologin und Neurowissenschaftlerin Sara Raskin empfiehlt, die Vorstellungskraft zu nutzen, um sich vorzustellen, wie es ist, die jeweilige Aufgabe auszuführen, und dabei alle Sinne einzusetzen, um das Erlebnis vollständig zu visualisieren. Des Weiteren empfiehlt sie die Verwendung von Wenn-dann-Formeln, bei denen bestimmte Handlungen an Bedingungen geknüpft werden, um die Absicht klar zu formulieren. Ein Beispiel für eine Wenn-dann-Formel wäre: „Wenn ich nach Hause komme, gieße ich die Pflanzen“. Eine weitere Möglichkeit ist die Darstellung der Aufgabe in Form einer Pantomime, um die Intention zu stärken. Dabei werden die Gehirnregionen, die die Muskeln kontrollieren, aktiviert.

    Eine zentrale Frage im Zusammenhang mit dem prospektiven Gedächtnis ist, ob es im Kindesalter bereits ein prospektives Erinnern gibt bzw. wann und wie es sich entfaltet. Konsens scheint über der Annahme zu bestehen, dass im Verlauf des Grundschulalters die Entwicklung der prospektiven Erinnerungsleistung eine wesentliche Voraussetzung für ein effektives, selbstinitiiertes Lernen und damit auch für die Entwicklung von Selbständigkeit ist. Daten zeigen, dass das ereignisbasierte Erinnern bei Vorschulkindern und sogar bei 2-jährigen Kindern in Ansätzen vorhanden ist, sich diese aber über das Kindes- und Jugendalter noch weiter verbessert. Junge Kinder scheinen vor allem Probleme mit dem selbstinitiierten Ausführen einer intendierten Handlung zu haben, insbesondere, wenn die prospektive Aufgabe hohe strategische Anforderungen stellt. Lediglich verbales Enkodieren führt zu besonderen Schwierigkeiten, eine Leistungsverbesserung findet beim visuellen Enkodieren statt. Jedoch profitieren ältere Kinder davon nicht mehr so stark, dafür umso mehr, wenn sie die intendierte Handlung zur Zeit des Enkodierens einüben könne. Der über das Kindesalter hinweg zunehmende Einsatz von Gedächtnishilfen verhilft dann älteren Kindern zu besseren prospektiven Gedächtnisleistungen. Das zeitbasierte prospektive Gedächtnis scheint sich zwischen dem 6. und 14. Lebensjahr besonders zu entwickeln, teilweise indem Kinder zunehmend fähig sind, ein effizientes Zeitmonitoring einzusetzen. Das zeitbasierte prospektive Gedächtnis scheint sich erst nach dem ereignisbasierten zu etablieren, da die zeitbasierten Aufgaben oft ein hohes Maß an strategischen Prozessen und exekutiver Kontrolle benötigen. Die ersten Studien des Kindes- und Jugendalters bieten jedoch noch keine hinreichende Antwort, in welchem Alter und wie sich die Fähigkeit zum prospektiven Erinnern als wichtiger Bestandteil des kognitiven Systems von Kindern und Jugendlichen zu entwickeln beginnt.

    Literatur

    Kliegel, M. & Jäger, Th. (2006).Die Entwicklung des prospektiven Gedächtnisses über die Lebensspanne. Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie, 38, 162-174.
    Stangl, W. (2024, 12. Juni). Die Entwicklung des prospektiven Gedächtnisses über die Lebensspanne.
    https://psychologie.stangl.eu/artikel/prospektives-gedaechtnis.shtml