Im Bildungs- und Arbeitsleben tun sich Menschen, die aus einem Akademikerhaushalt kommen, bekanntlich leichter, wofür subtile Mechanismen sorgen, nach denen die Gesellschaft funktioniert. Erfolgschancen von Menschen hängen dabei stark von ihrer sozialen Herkunft ab. Menschen mit niedrigerem sozioökonomischem Hintergrund werden häufig von anderen als weniger talentiert eingeschätzt, was zu Diskriminierungserfahrungen beitragen kann. Bauer et al. (2023) haben in einer Untersuchung gezeigt, dass sich die sozioökonomische Herkunft und die damit verbundene Erfahrungen auf die Selbstwahrnehmung von Lernenden auswirkt, wobei diese sozialisierte Selbstwahrnehmung auch die weiteren Erfolgschancen beeinflusst. Befragungen und Experimente zeigten, dass die Verzerrungen im Selbstbild bereits recht früh beginnen, denn so sehen sich bereits Schüler aus sozial benachteiligtem Umfeld als weniger talentiert an als Gleichaltrige mit den gleichen Noten, aber mit höherem sozioökonomischem Hintergrund, wobei sich dieser Effekt auch unter Studenten findet. Kein sozioökonomisch bedingter Unterschied fand sich hingegen dahingehend, als wie fleißig bzw. anstrengungsbereit sich Schüler und Studenten einschätzten. Es kommt also offenbar auf das Framing des problematischen Talent- bzw. Leistungsbegriffes an, wobei die Benachteiligungen von Lernenden mit niedrigerer sozioökonomischer Herkunft vermutlich vermindert werden könnten, wenn Fleiß statt Talent als ausschlaggebend für ihre Leistungen betont werden würde.
Literatur
Bauer, Christina, Job, Veronika & Hannover Bettina (2023). Who Gets to See Themselves as Talented? Biased Self-Concepts Contribute to First-Generation Students’ Disadvantage in Talent-Focused Environments. Journal of Experimental Social Psychology, doi:10.1016/j.jesp.2023.104501.
https://medienportal.univie.ac.at/media/aktuelle-pressemeldungen/detailansicht/artikel/wer-nichts-hat-glaubt-nicht-an-seine-talente/ (23-06-21)