Die Verbesserung von Objekten, Ideen oder Situationen – sei es, dass ein Designer versucht, eine Technologie voranzubringen, ein Schriftsteller ein Argument zu verstärken oder ein Manager versucht, ein gewünschtes Verhalten zu fördern – erfordert eine mentale Suche nach möglichen Veränderungen. Gabrielle Adams et al. (2021) haben untersucht, ob Menschen Veränderungen, die Komponenten von einem Objekt, einer Idee oder einer Situation abziehen, genauso häufig in Betracht ziehen wie solche, die neue Komponenten hinzufügen. Menschen ziehen typischerweise eine begrenzte Anzahl von vielversprechenden Ideen in Betracht, um die kognitive Belastung durch das Durchsuchen aller möglichen Ideen zu bewältigen, aber dies kann dazu führen, dass sie adäquate Lösungen akzeptieren, ohne potenziell bessere Alternativen in Betracht zu ziehen. Sie konnten zeigen, dass Menschen systematisch nach additiven Transformationen suchen und folglich subtraktive Transformationen übersehen. In acht Experimenten identifizierten die Teilnehmer weniger wahrscheinlich vorteilhafte subtraktive Veränderungen, wenn die Aufgabe sie nicht dazu aufforderte, Subtraktion in Betracht zu ziehen, wenn sie nur eine Gelegenheit hatten, die Unzulänglichkeiten einer additiven Suchstrategie zu erkennen, oder wenn sie einer höheren kognitiven Belastung ausgesetzt waren. Bei Menschen gibt es offenbar eine Vorliebe zu additivem statt subtraktivem Verhalten, wobei dieses Phänomen sowohl Materielles wie auch Geistiges betrifft. In einer Reihe von Experimente wurden dabei additive und subtraktive Lösungsversuche empirisch untersucht, bei dem man etbwa mit Legosteinen ein Dach mithilfe weiterer Legosteine so verbessern sollte, dass eine kleine Figur nicht zu Schaden kommt, wenn man einen Ziegelstein auf das Dach legt. Die meisten ProbandInnen stabilisierten das Dach, indem sie zusätzliche Steine darunter einbauten, und est nach dem Hinweis, dass man Steine auch wegnehmen kann, änderte sich das Verhalten. Während zuvor nur 41 Prozent den einen Stein entfernten und das Dach niedriger setzten, waren es danach 61 Prozent. Dabei war die subtraktive Lösung viel wirkungsvoller, aber man kommt erst auf sie, wenn man sich nicht gleich auf die additive stürzt. Der Hang zu additivem Verhalten zeigte sich auch abseits des Labors in der richtigen Welt, etwa bei Verbesserungsvorschlägen, die einem neu angetretenen Uni-Rektor zugekommen waren, wobei nur elf Prozent glaubten, dass man bestehende Regeln, Gewohnheiten oder Studienprogramme abschaffen sollte, alle anderen machten neue Vorschläge. Das Hinzufügen scheint kognitiv einfacher zu sein, wobei additive Lösungsversuche sozial auch wünschenswerter sein dürften. Etwas wegnehmen gilt als weniger kreativ als etwas Neues hinzuzufügen, wobei es vielleicht so etwas wie eine Ehrfurcht vor dem Bestehenden gibt, die Menschen vor dem Eliminieren zurückschrecken lässt. Menschen haben daher Schwierigkeiten, ihre übervollen Terminkalender abzuspecken oder umweltschonender zu leben, denn diese Probleme werden wohl deshalb nicht überwunden, solange der präferierte Lösungsansatz ein additiver ist.
Konkretes Beispiel: Eine wackelige Brücke aus Legobausteinen sollte stabiler gemacht werden, wobei der eine Pfeiler höher als der andere war. In diesem Fall ergänzten Testpersonen eher am kürzeren Pfeiler einen weiteren Stein, als dass sie den längeren durch Wegnahme eines Steins an den anderen Pfeiler anglichen. Menschen tendieren zur Verbesserung eines Objekts, einer Idee oder einer Situation eher dazu, Komponenten hinzuzufügen (additive Lösung) als wegzunehmen (subtraktive Lösung).
Literatur
Adams, Gabrielle S., Converse, Benjamin A., Hales, Andrew H. & Klotz, Leidy E. (2021). People systematically overlook subtractive changes. Nature, 592, 189-190.