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Mobbing in der Schule und die Prävention von Amokläufen

    Vor und in der Schule agieren häufig Diktaturen: Beherrscher-Schüler gegen Normalo-Schüler. Eine umfassende Beleidigungskultur breitet sich aus. Beherrscher sind meist schulisch schwach; sie respektieren weder sich selbst, noch andere. Solange wirkliche oder potentielle Opfer-Kinder in einem körperlich-schutzlosen Raum lernen sollen, können weder Konzentration, noch Lernmotivation aufgebaut werden. In Extremfällen kann sich im Opfer langsam eine amokartige Vernichtungsbereitschaft verdichten.

    Mehr als zehn Prozent der Schülerschaft ist von Mobbing in der eigenen Klasse betroffen. In diesem Zusammenhang analysiert der renommierte Psychologe Dr. Michael Heilemann das Phänomen der Amokläufe in Schulen und kommt zu dem Schluss, dass in solchen Fällen eine Umkehr der Opfer-Täter-Rolle zu verzeichnen ist. In seinem Handbuch „Amokgefahr“ beschreibt Heilemann das typische Psychogramm eines Amokläufers und präsentiert Möglichkeiten der Prävention sowie ein Coaching- und Antiaggressivitätstraining.

    Amokläufer und -innen zeigen ein Verhalten, das als Vergeltungsschlag bezeichnet werden kann. Dieser ist durch die Erfahrung von Missachtung, Ablehnung und dem Gefühl, ein „Nichts“ zu sein, motiviert. Über einen längeren Zeitraum hat sich ein Erleben von Stillstand und Überflüssigkeit verfestigt. In der Folge haben sich narzisstische Kränkungen, erlebte Verständnislosigkeit und Kaltherzigkeit der Mitmenschen manifestiert. Diese Faktoren haben ein Berechtigungserleben für Rache entfacht. Die Betroffenen haben sich in eine virtuelle Sphäre zurückgezogen, die von Größenphantasien und Gewalttaten geprägt ist. Die vorliegende Untersuchung befasst sich mit der These, dass die Amokläufer von Littleton, Erfurt, Emsdetten und Winnenden letztlich eine Tat von Beziehungsgewalt in einer für sie beziehungslosen Welt begangen haben. Die Analyse ergibt, dass erst durch die Tat die Beziehung final hergestellt wurde.

    Amokläufer schließen in ihren Handlungen regelmäßig die Selbstvernichtung mit ein. Sie tolerieren es nicht, hierfür im Nachhinein einen Preis der Demütigung und Kränkung durch die Schmach der Inhaftierung und Verurteilung zu bezahlen.

    Im Rahmen der Bearbeitung und Prävention von Schulmobbing sehen sich Lehrerinnen und Lehrer einem Spannungsfeld spannungsreicher, oft unklarer Anforderungen gegenüber.
    Die Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, ist, ob es sich bei der Konfrontation mit einem verzweifelten, zurückgewiesenen, letztlich resigniert-wütenden Perfektionisten, der mit Akribie das tödliche Finale plant, um eine Konfrontation mit einer spezifischen Herausforderung handelt. Oder ist es doch der hochbegabte, hypersensible Psychopath, der sich konsequent über die anderen Menschen hinwegsetzt, indem er eine perfekte Fassade der Harmlosigkeit aufrechterhält? Unabhängig davon sind ein radikaler Einbezug sowie ein wahrhaft authentischer Dialog wesentliche Bestandteile eines emanzipierten Bedrohungsmanagements. Die Bestrafung von Personen, die eine radikale Einstellung haben, trägt zur Radikalisierung bei. Wenn diese Personen jedoch in die Gesellschaft integriert werden, kann dies dazu beitragen, ihre Waffen abzugeben.