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Mehr Respekt für Ratten

    Ratten, als unscheinbare und ungeliebte Tiere, haben sich seit Jahrtausenden als enge Begleiter des Menschen etabliert. Sie sind weltweit verbreitet, besonders in städtischen Gebieten, und spielen eine bedeutende Rolle sowohl in der Natur als auch in der wissenschaftlichen Forschung. Trotz ihrer weitreichenden positiven Beiträge, insbesondere im medizinischen Bereich, genießen sie ein negatives Image, das vor allem durch ihre Rolle als Krankheitsüberträger geprägt ist. Besonders die Forschung zu den emotionalen und kognitiven Fähigkeiten von Ratten war in der Vergangenheit meist auf Angst, Stress und Schmerz beschränkt. Neue Studien zeigen jedoch, dass Ratten über komplexe empathische Fähigkeiten verfügen. Sie sind in der Lage, die emotionalen Zustände anderer Ratten zu erkennen und darauf zu reagieren, indem sie beispielsweise eine Tür öffnen oder eine Kette ziehen, um eingesperrte Artgenossen zu befreien. Diese prosozialen Handlungen deuten darauf hin, dass Ratten in der Lage sind, die Bedürfnisse anderer zu repräsentieren und zielgerichtet zu handeln, um das Wohl anderer zu verbessern. Diese Erkenntnisse unterstreichen die Notwendigkeit, das Wohlbefinden von Ratten in der wissenschaftlichen Forschung stärker zu berücksichtigen.

    Geschichte und Verbreitung: Ratten, insbesondere die braune Ratte (Rattus norvegicus), sind seit den frühen menschlichen Siedlungen präsent und haben sich mit der menschlichen Zivilisation verbreitet. Heute sind Nagetiere mit mehr als 2.600 Arten die artenreichste Ordnung der Säugetiere und machen 40% der Säugetierartenvielfalt aus. Drei Rattenarten dominieren in menschlichen Siedlungen: die Hausmaus, die schwarze Ratte und die braune Ratte.

    Krankheitsübertragung und Imageproblem: Die negative Wahrnehmung der Ratten rührt vor allem von ihrer Rolle als Überträger von Krankheiten wie der Beulenpest, die historisch mit ihnen in Verbindung gebracht wurde. Tatsächlich zeigten neuere Studien jedoch, dass nicht die Ratten selbst, sondern vor allem Flöhe und Läuse die Pest übertrugen. Ratten sind auch eine Gefahr für andere Tiere, etwa Vögel und Reptilien, da sie deren Gelege und Jungtiere fressen und sich in entlegene Ökosysteme ausbreiten, wo sie Schäden anrichten.

    Wissenschaftliche Forschung und Entwicklung: Ratten wurden schon früh für Forschungszwecke genutzt und sind nach wie vor ein bedeutendes Modell in der Wissenschaft. Sie sind den Menschen sowohl kognitiv als auch physisch ähnlich, was sie besonders für Verhaltensforschung geeignet macht. In den letzten Jahren hat man erkannt, dass Ratten nicht nur intelligent sind, sondern auch komplexe emotionale Fähigkeiten besitzen. Sie zeigen Freude, Angst, Stress und Schmerz, kommunizieren ihre Gefühle über Körpersprache und Geräusche und reagieren auf Zuwendung.

    Empathie und Sozialverhalten: Gerade die neuere Forschung hat gezeigt, dass Ratten nicht nur eigene Gefühle wahrnehmen, sondern auch empathisch auf die Gefühle anderer reagieren. Sie erkennen den Schmerz von Artgenossen und spenden Trost in Form von Körperkontakt oder Fellpflege. Darüber hinaus zeigen Ratten kooperatives Verhalten, wie das Befreien von eingesperrten Artgenossen oder das Teilen von Nahrung. Dieses Verhalten weist auf eine prosoziale Motivation hin, bei der die Tiere nicht nur ihren eigenen Vorteil suchen, sondern auch selbstlos handeln können, selbst gegenüber fremden Ratten.

    Literatur

    Ben-Ami Bartal, I. (2024). The complex affective and cognitive capacities of rats. Science, 385, 1298-1305.