Frühere Untersuchungen an menschlichen Säuglingen haben gezeigt, dass die Verletzung grundlegender physikalischer Gesetzmäßigkeiten zur Exploration anregen können, was eine Art Hypothesentest darstellen kann, der darauf abzielt, Wissen über neue kausale Zusammenhänge zu erlangen.
Völter et al. (2023) haben untersucht, ob ein ähnlicher Zusammenhang zwischen Erwartungsverletzung und Exploration bei Hunden besteht. Bei einem Aufmerksamkeitsexperiment wurde einer Gruppe von Hunden ein Ball gezeigt, der in der Folge durch einen größeren Ball ersetzt wurde, und ob die Hunde diesen Unterschied bemerken würden. Auffallend war, dass Weibchen dabei deutlich besser abschnitten als Männchen, denn während Weibchen den Ball aufmerksam ansahen und dessen Bewegungen verfolgten, schien er den Männchen egal zu sein. Es gibt offenbar eine Größenkontrolle, ob der Hund bemerkt, dass sich der Ball in seiner Größe verändert. Hunde können möglicherweise auch zwischen guten und schlechten Absichten von Menschen unterscheiden, denn bei einem Versuch, bei dem Leckerlis scheinbar ungeschickt durch ein Loch gesteckt wurden, zeigten sich Hunde viel geduldiger, als wenn für sie der Eindruck entstand, dass der Mensch sie ganz absichtlich irreführen will. Zudem haben Hunde eine Wahrnehmung von seltsamen Ereignissen, denn spielen sich vor ihren Schnauzen seltsame Ereignisse ab, erweitern sich die Pupillen der Tiere, sie schauen länger hin als bei physikalisch erklärbaren Vorgängen und inspizieren den Schauplatz anschließend. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass Hunde etwa erwarten, dass Objekte wieder auftauchen, wenn sie nicht durch einen Bildschirm verdeckt werden, und dass sie die Größe des verdeckten Bildschirms im Verhältnis zum verdeckten Objekt berücksichtigen.
Literatur
Völter, Christoph J., Tomašić, Ana, Nipperdey, Laura & Huber, Ludwig (2023). Dogs’ expectations about occlusion events: from expectancy violation to exploration. Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences, 290, doi:10.1098/rspb.2023.0696.